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Wetterexperten befürchten Klirr-Kälte in ganz Deutschland ab Mitte November. Ursache soll eine Störung des Golfstroms durch die Ölkatastrophe vor Florida sein
24.10.2010 - 00:19 UHR
Von Karolin Schneider
Fast 50 Jahre ist es her, dass der Rhein zum letzten Mal zugefroren war. Es war der Rekordwinter 1962/63, als sich das Eis an der Loreley so stark staute, dass keine Eisbrecher mehr durchkamen und die Eisschicht gesprengt werden musste.
Bis jetzt ist noch kein Winter an den Dauerfrost von damals mit durchschnittlichen Minusgraden von 5,5 herangekommen. Das könnte sich in diesem Jahr ändern, denn Wetterexperten kündigen den kältesten Winter seit 100 Jahren an. „Wir werden in den kommenden Monaten mit eisiger Polarluft überschüttet“, ist sich Dominik Jung, Meteorologe beim Internetdienst wetter.net, sicher.
Das hat zwei Gründe: Einerseits baut sich gerade im Norden Europas ein ausgeprägtes Kältepolster auf, andererseits transportiert der Golfstrom deutlich weniger Wärme als üblich.
Das bestätigt auch Meteorologe Dr. Karsten Brandt von donnerwetter.de: „Der Golfstrom ist ein gewaltiges Strömungssystem, das eigentlich das warme Wasser der Tropen mit dem kalten der Polarregionen vermischen soll. Schon in den letzten zwei Jahren hat er deutlich weniger Wärme transportiert, in diesem ist er noch weiter geschwächt.“ Würde der Golfstrom ganz zum Erliegen kommen, droht Europa eine neue Eiszeit. Soweit ist es aber noch nicht.
Und warum ist die Heizung Europas so abgeschwächt? Schuld daran könnte die Ölkatastrophe im April im Golf von Mexiko sein. „Um das Öl aufzusaugen, hat BP mehr als 7,5 Millionen Liter der Chemikalie Corexit ins Meer geschüttet“, so Meteorologe Dominik Jung. „Das könnte ein Grund sein, warum der Golfstrom nicht mehr gleichmäßig fließt und am äußeren Küstenabschnitt von North Carolina (USA) regelrecht auseinanderbricht.“
Allerdings teilen nicht alle Experten diese Ansicht. Mojib Latif (55), Klimaforscher am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel, hält das für Spekulation: „Es gibt dazu keine seriösen wissenschaftlichen Studien. Der Golfstrom ist nach unseren Messungen stabil.“
Fest steht trotzdem: Der Oktober ist nach Januar, Februar, Mai und September schon der fünfte Monat in diesem Jahr, der deutlich zu kalt ist. Das gab es seit zehn Jahren nicht mehr.
Und auch die Waldtiere stellen sich schon auf einen harten Winter ein. Der Biologe Olaf Brehmer: „Normalerweise sind Bucheckern im Oktober noch in Massen in den Wäldern vorhanden, aber in diesem Jahr haben sich die Tiere schon einen großen Vorrat zugelegt, fast nichts ist mehr da.“
Gut gerüstet sind auch die Städte und Kommunen: Die Abfallwirtschaft Region Hannover hat schon 4500 Tonnen Streusalz eingelagert, 1000 Tonnen mehr als noch im vergangenen Jahr. Nach den chaotischen Straßenverhältnissen im Januar und Februar soll in diesem Winter auch das Schneeräumen dank aufgestocktem Winterdienst reibungsloser laufen.
Und wie wird das Wetter in den nächsten Wochen? Dr. Karsten Brandt gibt eine Prognose: „Bis zur Mini-Eiszeit müssen wir noch etwas warten – erst einmal kommt der goldene Oktober wieder zurück. Nächste Woche legt sich ein Hochdruckgebiet über Deutschland mit bis zu zehn Grad und Sonnenschein. Doch schon ab Mitte November fällt immer wieder Regen, in höheren und mittleren Lagen ist mit Schnee zu rechnen.“
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